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Característica Peru – espontáneo / Spontanität wird hier groß geschrieben

Hella                                                                   02.10.2022-01.11.2022

Blog 4

Spontanität – Nicht umbedingt meine ausgeprägteste Eigenschaft, aber etwas das ich sehr schätze und meistens die lustigsten, aufregendsten und besten Geschichten schreibt. Dinge an die man sich erinnert. Diesen Oktober in Peru nennt man auch nervenaufreibend, abendteuerlustig und paradisisch – nicht zu letzt weil die Sponanität ihre Finger mit im Spiel hatte…

<3

Ich erinnere mich an eine Situation, in der ich mit Nena (die Directora von Puente) und Isabell im Auto saß, auf dem Weg zum Hermelinda um unseren wöchentlichen Großeinkauf (der übrigens von Woche zu Woche größer zu werden scheint – obwohl wir uns an unserern Essensplan halten – also meistens ;)). Nena wollte von mir wissen wie Deutschland eigendlich so ist. “Puhhh” – lange Pause – “schwer zu sagen” (dificíl) – lange Pause -. Als ich nach einigem überlegen meine Antwort gefunden hatte, lautete diese ungefähr so: “In Deutschland läuft vieles sehr geordnet ab. Es gibt viele Strukturen, die das Leben regeln, aber auch viele Hilfsangebote, die Menschen unterstützen. Für mich fühlt sich Deutschland oft sehr strukturiert und ordentlich an – es liegt dann im eigenden Empfinden, wie man das nun bewertet.” (Diese Angaben sind ohne gewehr – wenn jemand eine bessere Idee zur Beantortung dieser Frage beisteuern möchte freue ich mich auf einen Kommentar unten, denn leider scheint diese Frage die Peruaner brennend zu interresieren und ich tue mich schwer damit sie zu beantworten ;)). Daraufhin habe ich Nena dann gefragt, wie sie Peru wahrnimmt. Wie aus der Pistole geschossen: “Spontan” – Ja das passt wohl sehr gut… Nena führte dieses Adjektiv damit aus, dass sie erzählte, dass es in Peru nicht ungewöhnlich sei, dass am Nachmittag unangekündigt die halbe Familie vor der Tür stehe und stimmte mir zu, dass man ein Treffen zum Kaffetrinken, nicht schon drei Wochen vorher absprechen müsse. Ich habe ihr zwar dann erklärt, dass wir zum Treffen planen nicht unbedingt drei Wochen brauchen, aber musste schon einräumen, dass Peru in Sachen Spontanität die Nase ganz klar vorne hat…

Dia de Joventud

Wir lernen Spontanität! – Dia de Joventud. Alles begann schon am 01.Oktober 2022, denn Puente hat dort den Tag der Jugend gefeiert. Ohne das wir Freiwilligen irgendwas davon wussten, wurden wir voll in die Aufgaben mit eingebunden. Dekorieren, Material zusammen suchen um erst mitten im Wettkampf zu erfahren, was heute eigendlich los ist. Es wurde eine mini-Oympiade vorbereitet, in der die Kinder in den Teams, amarillo (gelb), Celeste (hellblau), verde (grün) und rojo (rot), in Disziplinen wie Sackhüpfen oder Tauziehen gegeneinander antreten mussten. Auch wir Freiwilligen wurden aufgerufen für unser Team – in meinem Fall amarillo – eine Disziplin zu meistern: Luftballons, durch draufsetzen zum platzen bringen. Celeste hat diese Disziplin zwar gewonnen, aber man munckelt, dass da möglicherweise einige Finger – äh entschuldigung Fingernägel – der Teamkameraden mit im Spiel waren. Insgesamt war es ein wunderschöner Tag, den wir vor dem Aufstehen nicht ewartet hätten und an dem wir mit allen Puente Mitgliedern näher zusammengewachsen sind.

Schokoladenmuseum

Am Ende diese Tages, wurde uns dann noch offenbart, dass in der kommenden Woche kein Puente stattfinden würde, denn dort wäre ein Feiertag, also eine perfekte Möglichkeit reisen zu gehen. Zugegeben, mit einer Woche vorlauf, war das nun nicht so spontan, aber ich buche Urlaube normalerweise schon einen Monat mitdestens vorher, also doch schon etwas spontaner. Nach einigem hin und her haben wir uns dann dazu entschieden, el capital Lima zu besuchen. Und ehe wir uns versahen saßen wir eine Woche später im Reisebus auf den Weg in den Süden. Nach 11 Stunden schaukeliger Fahrt, sind also 4 Deutsche Touristen in dieser Massenmetropole gelandet. (Kurzer Tipp an dieser Stelle: Um Von A nach B zu kommen ist Indrive eine gute Wahl – denn es hat den Vorteil, dass man über die App den Preis abspricht und man so nicht ein viel zu hohen Fahrpreis angedreht bekommt.) Mit unserem Indrive und ca. 15 Soles weniger in der Tasche sind wir dann beim Waikiki-Hostel in mitten vom Stadtteil Miraflores, ca. 5 Minuten von der Küste und dem Parque de Amor entfernt, angekommen.

Wandmalerrei

Lange haben wir uns da allerdings nicht aufgehalten, denn wir tendieren dazu klassische Touristenaktivitäten mitzumachen, besonders wenn diese kostenlos sind. Also haben wir uns einer Lima-walkingtour von unserem Hostel angschlossen und uns in einer intenationaler Gruppe wiedergefunden. Wir haben auf dem Weg mit Leuten aus aller Welt gesprochen und während wir an historischen Bauten und Kirchen vorbeikamen, in einem Schokoladenmuseum, peruanischische Schoki getestet haben und später noch Pisco probieren durften, sehr viele verschiedene Geschichten gehört weshalb es die Menschen nach Lima verschlagen hat. Nach einem gemeinsamen sehr späten Mittagessen und dem Beziehen unseres Zimmers, haben wir dann (auch relativ spontan) entschieden eine ehemalige Mitschülerin von Shawn in Barranko (anderer Stadtteil) zu treffen, die in der Nähe von Lima ihren Freiwilligendienst macht. Mit ihr und einer Peruanerin, haben wir uns also an dem Abend, diesen wunderschöner Stadtteil angeschaut, sind über Märkte geschländert und haben die schönen Wandmalereien dort bewundert (diese öffentliche Kunst fehlt mir manchmal etwas in Deutschland). Außerdem haben wir Chocotejas probiert – einzellne Schokoladenstücke, die man in der Form nur auf der Straße kaufen kann und die es in sehr vielen veschiedenen Sorten gibt (sehr lecker!).

Fotoshooting

Tags darauf stand für uns die Besichtigung von Miraflores auf dem Plan. Nach einem Frühstück in einem süßen Straßencafe neben dem Parque del Amor mit Blick auf die Küste haben wir uns etwas weiter in die Stadt hinein begeben und einige Läden und Gebäude angesehen, um dann im Kennedypark am drei Americaner zu treffen und spontan mit den dreien Mittagessen zu gehen. Eine sehr schöner Begegnung. Am Abend haben wir noch ein Must-see-Ort von Lima besucht. Einen Park in dem es reisige Springbrunnen gibt, die in verschiedenen Farben angeleutet werden. Es ist wirklich atemberaubend schön – auch wenn es Zitat Caro “eigendlich nur Wasser” ist…

Küste von Lima

Zurück im Hostel haben wir den Abend auf der Dachtrerasse verbracht und dabei die beiden sehr sympatischen Barkeeper kennengelernt. Sie ist ebenfalls Freiwillige und er jobt dort, kann aber gut Englisch und wollte von uns einige Wörte in Deutsch lernen. Unser letzter Tag in Lima startete dann mit einem weiteren Highlight, denn wir haben einen Paraglidingsprung gemacht. Auch wenn das Ding einen Motor hatte und wir nicht von einer Klippe abgesprungen sind, sind wir geflogen und haben Lima von Oben gesehen. Das war sehr schön. Und trotz Shawns berechtigter Sorge, dass er zu schwer sein könnte, da er durch seine Größe, über dem vorgeschriebenden Gewicht lag, sind wir alle wieder sicher gelandet. Insgesamt also eine wunderschöne, abendteuerreiche Reise, doch es sollte nicht die einzige bleiben…

Springbrunnen in Lima

Eine Woche später, nachdem Isabell und ich mit unseren Kindern von Santo toribio bei einer Demo für Integration und Gleichberechtigung waren, mit den Kindern getanzt haben und einen Umzug durch Trujillo gemacht haben um diesen Tag zu feiern und dem frisch gewählten Bürgermeister – genannt “el loco” – die Hand geschüttelt haben, wurde uns von unserer Santo Toribio Professora mitgeteilt, dass in der nächsten Woche Herbstferien in der Schule seinen und wir die bitte für eine weitere Peru-Erkundungsreise nutzen sollen. Dabei wurde uns Mancora ganz stark ans Herz gelegt. Mancora liegt, sehr nördlich von Peru und somit in der Nähe von der equatorianischen Grenze und deshalb um diese Zeit sehr warm. Also saßen wir nur eine Woche später, Samstags, mit Sommersachen im Gepäck auf dem Weg zu unserem ersten Stop Tumbes… Wobei wir den kompletten Freitag Nachmittag vor unser Reise mit buchen beschäftigt waren. Der große Nachteil von Spontanität – wenn etwas nicht sofort klappt, wird es stressig.

Huaquillas

Sonntag morgen sind wir in Tumbes angekommen und dann mit einem Taxi über die Grenze nach Huaquillas gefahren. Durch einige Missverstädnisse haben die Taxifahrer es geschafft und ziemlich übers Ohr zu hauen – da in Equador mit Dollar gezahlt wird – das war teuer. Damit wir ohne Probleme wieder nach Peru einreisen konnten, brauchten wir in unserem Visum ein Ein- und Ausreisestempel. Das hat ewig gedauert, da die irgendwie mit unserem Pass überfordert waren. Fazit an dieser Stelle: Man sollte nicht nur für einen Tag über die Grenze fahren.

Zum ersten Mal gesehen…

Von Huaquillas, wo wir auf dem Plaza de Armas gefrühstückt haben, sind wir nach Machala gefahren. Dort haben wir die Küste besucht, haben in einem Fischrestaurant gegessen, waren auf einem kleinen Markt, auf einem Steg überm Wasser, wo wir uns Equadorarmbänder gekauft haben, haben eine Kirche besichtigt und haben zum ersten Mal Leguane gesehen. Insgesamt ein schöner, aber sehr anstrengeder Tag.

Sonnenuntergang beim Leuchtturm

Tags drauf ging es dann nach Mancora. Als wir aus dem Bus ausgetiegen sind, ist uns schon die Sonne ins Gesicht geschienen. Hurra, endlich einmal richtiger Sonnenschein. Das war wunderschön und das Wetter hielt sich die ganze Woche so. Das bedeutete natürlich, eintauchen in die Wellen, frische Säfte trinken, am Strand spazieren gehen und sich, im Fall der Anderen, einen so krassen Sonnenbrand holen, dass wir aus Mitleid von einem anderen Hostelbewohner eine teure 100ter Sonnenkreme geschenkt bekommen haben. Gut das ich davon verschont geblieben bin… Natürlich waren wir auch Essen zwischendurch, was wir am liebsten in unserem Nachbarhostel oder beim Italiener gegenüber gemacht haben. Das Hostel war aufgebaut wie ein Baumhaus, war total schön verwinkelt und überall, mit Liebe zum Detail dekoriert und hatte den besten Erdbeersaft, den ich bis jetzt getrunken habe. Der große Vorteil beim Italiener neben der ausgezeichneten Pasta und seiner aufgeschlossenden Art, war Michi, seine Katze, die sich ohne jede Vorwahnung bei mir auf den Schoss gesetzt und dort wohl die ganze Nacht geblieben wäre, wäre ich nicht aufgestanden.

verrücktes Hostel

Neben gutem Essen boten die Hostels auch viele Freizeitangebote. So kam es, dass wir ein Yogakurs mitgemacht, bei einem Barbeque mit Livekonzert viele neue Menschen kennengelernt, uns beim Salsa- und Bachata-tanzkurs verausgabt und uns unter die feiernde Menge einer Schwarzlichtparty gemischt haben. Zudem haben wir von Hostelmitbewohnern den Tipp bekommen, den wunderschönen Sonnenuntergang vom Leuchtturm aus zu sehen, mit dem Quat entlang am Meer zur Flamingolagune zu fahren (das hat so viel Spass gemacht) und uns für eine Tour anzumelden, die definitiv das Highlight dieses Trips war (neben Michi natürlich): mit Schildkröten schwimmen. Das ist relativ bekannt für Mancora und es war der Wahnsinn. Nach einer Fahrt mit einem Bananenboot sind wir an einer Plattform angekommen, von der aus man ins Meer springen konnte und durften uns von dort aus, mit einigen Regeln zum Schutz der Tiere zu ihnen gesellen. Sie von so nahem zu sehen und zu spüren, wenn sie neben oder unter dir her schwimmen, ist wirklich ein Abendteuer.

Mit Schildkröten schwimmen

„Oh schaut mal Bad Bunny singt in Lima ein Konzert, lass mal dahin“ – „oh ne hast du den Preis gesehn – viel zu teuer“ – „ dann J. Balvin, dass ist ‘nichts’ in Euro“. Und da wir nunmal im Monat der Spontanität sind, waren wir, nur eine Woche später in der Konzerthalle, nach einer Besichtigung der Mall in der Steilküste von Lima und nach einem sehr leckeren Mittagessen. Wir waren eine Stunde zu früh, da wir mit einer Schlage gerechnet hatten und hoch motiviert. Das ließ sich auch nicht davon bremsen, dass wir so ziemlich die einzigen waren, die schon bei den Liedern der zwei DJs, vor J. Balvin total abgegangen sind. Die Lieder von J.Balvin waren toll, er hatte eine coole Licht und Bühnenshow und hat zwischendurch eine sehr berührende Kurzrede drüber gehalten, wie wertvoll es ist, dass man das hier zusammen erleben kann. Und ich mein – es war ein Konzert von J. Balvin! Das war schon echt ne tolle Erfahrung.

Meine Mädels

Puhh, dachten wir uns an dem Wochenende darauf, vielleicht ist ein Wochenende ganz entspannt in Trujillo auch mal ganz schön und heilsam für das Loch im Geldbeutel dieses Monats, weshalb wir uns entschieden haben, uns ‘nur’ mit ein paar Freunden zu treffen. Wenn das bei uns nur so einfach wäre, denn vor unserm Besuch in der Mall und danach im Playland, einem mini Freizeitpark, wollten wir nur etwas Bargeld abheben. An der Stelle ein weiter sehr hilfreicher Tipp: hebt in Peru niemals Sonntags Geld ab. „Error – der Automat geht jetzt schlafen“. Na immerhin hatte der Automat Humor, denn für uns war das allesandere als witzig. Nachdem der Automat aus seinem Schönheitsschlaf erwacht war, hat er Isabells Karte nicht wieder ausgespuckt. Zwar haben Geschäfte hier Sonntags ganz normal offen, aber die Bank ist nicht besetzt. Es folgten unzählige Telefonate und wir waren gezwungen die Pläne für den Tag und auch den nächsten Tag, zu verändern oder zu verschieben. Spontan schon wieder alle Pläne verworfen.

Das war so ein schöner Ort

Spontanität – das haben wir diesen Monat gelernt, teils freiwillig, teils notgedrungen, aber ich habe gemerkt, dass immer etwas Gutes dabei herrausgekommen ist und wenn es nur eine neue Erfahrung und ein Lernprozess war. Dieser Monat hat uns vor ganz neue Aufgaben gestellt und uns vielen neuen Orten und Leuten näher gebracht. Jetzt sind wir aufjedenfall geübter darin, dass man manchmal noch ganz schnell ein Helloween Kostüm braucht, für die Party am Abend und dann kreativ werden muss, wir wissen, dass es in Peru sein kann, dass man Abends ganz spontan noch eingeladen wird zum Essen oder bei Puente spontan auch mal der Englischunterricht ausfällt, weil noch Fotos vom neuen Puente-Merch gemacht werden müssen und wir sind darauf vorbereitet, dann bei Santo Toribio der normale Unterrichtsablauf spontan unterbrochen wird, um zusammen mit allen draußen zu tanzen oder schon die erste Weihnachtsdeko aufzuhängen (obwohl ich das Thema Weihnachten, mir wohl für den nächsten Blog aufbewahren werde…).

Marinera tanzen

Die Zeit hier in Peru gibt mir wahnsinnig viel und ich verändere mich warscheinlich mehr als ich es merke. Meine Eltern sagen jedenfalls immer: „Du bist jetzt schon so erwachsen geworden dort – du schaust auf die Dinge ganz anders. Wir sind stolz auf dich.“ Und ganz ehrlich, auch ich bin stolz auf mich und das was ich diesen Monat geschafft und erlebt habe.

Lg W. Wichtel

Ps. Isabell hat ihre Karte übrigens wieder bekommen. Am nächsten Tag: in die Bank, Namen gesagt und Karte in die Hand gedrückt bekommen – listo! So einfach ist es manchmal in Peru.

Liebe Grüsse aus Peru,

Hasta Pronto,

Hella